Freitag, 7. Mai 2010

Hausbesuch

Letzten Mittwoch habe ich das erste Mal zusammen mit der Psychologin unseres Projekts Hausbesuche gemacht. Sie hatte das schon länger geplant, damit ich die Familien, die Häuser, die Realitäten der Kinder kennen lerne. Wirklich drin waren wir letztlich nur in einem Haus, bei drei weiteren standen wir nur an der Tür und redeten dort mit den Müttern. Wenn die Väter zu Häuse sind, ist es oft schwierig, mit den Müttern ins Gespräch zu kommen. Sie haben Hemmungen, können einen nicht hereinlassen, weil das den Ehemann stört, und sind generell irgendwie nervös.
Eine Familie jedoch stach aus dem Raster. Sie haben ein Haus, das wirklich wohnlich ist, nur 5 Kinder und wir haben uns sowohl mit Mutter, als auch mit dem Vater nett bei Mate am Tisch unterhalten. Dass dabei der Fernseher lief, ist Standard. Der wird hier bei argentinischen Familien eigentlich nie ausgeschaltet. Diese Familie inmitten all der kaputten Familien mit alkoholabhängigen Vätern, gewalttätigen Müttern, Kindern, die Drogen nehmen, die Schule abbrechen, sich früh schwängern lassen, war wie eine kleine Insel der heilen Welt. Die großen Kinder gehen zur Schule, der Junge arbeitet nebenbei. Das Baby wurde liebevoll von Mutter UND Vater umsorgt, der Vater unterhält sich aufrichtig über Probleme Argentiniens...
Das gibt es also auch.
Die Familie eines Jungen meiner Jugendgruppe, die wir auch besucht haben, wohnt mit ihren 10 Kindern in 3 kleinen zusammengeschusterten Hütten, der Hof ist voller Müll und auch dort blieben wir am Tor stehen. Der Vater würdigte uns kaum eines Blickes, die Mütter,sichtlich nervös, lässt sich kaum auf ein Gespräch ein. Die Psychologin verabredet einen anderen Termin. Wenn die Kinder in der Schule sind und der Mann nicht zu Hause, dann kann man besser reden.

Die Mutter von Diana (Name geändert),15 Jahre, die schwanger ist,lässt sich an der Hautür (Mann zu Hause - also auch da kein Einlass)über den Vater des Kindes aus, der schon mit seiner neuen Freundin zusammenlebt. Sie sagt, der Teufel soll ihn holen und dass er seinen Sohn nie zu Gesicht kriegen wird. Man kann ihren Ärger verstehen, sie wollte ein anderes Leben für ihre Tochter haben. Das sagt sie auch. Ihre ältere Tochter schuftet den ganzen Tag, um ihren Sohn zu versorgen. Das wollte sie für Diana nicht. Auch ihre Jugend wird im September mit der Geburt ihres Sohnes vorbei sein. "Wenigstens ein Junge", sagt die Mutter. Ein Mädchen hätte sie direkt in einen Karton gesteckt und ihn der anderen Oma rübergeworfen.

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