Montag, 31. August 2009

La Murga

Am letzten Donnerstag habe ich meine erste wirkliche Erfahrung mit der Murga gemacht.
Die Murga ist ein traditioneller argentinischer Trommeltanz. Die Jungen trommeln einen Rhytmus auf riesigen bunten Trommeln während die Mädchen dazu tanzen. Es gibt richtige Tanzschritte, die kombiniert mit Improvisation die Murga ergeben, ein kraftvoller, ausdrucksstarker Tanz mit viel Körpereinsatz.
In meinem Projekt im Barrio Bosques von Florencio Varela wird jeden Donnerstag mit den Kleinen sowie mit den Jugendlichen Murga getanzt. Die Instrumente werden ausgepackt, die Kinder tanzen in Gruppen zum Rhytmus der Trommeln. Meist gibt es eine Art "Anführer", der oder die zählt und damit vorgibt, wann welche Tanzschritte folgen.
Damit auch ich, als "la alemana", die Murga lerne, haben mich zwei Mädchen und ein Junge unter ihre Fittiche genommen und mir langsam und mit viel Geduld die Tanzschritte gezeigt. Es war ein warmer Tag und das Tanzen war wirklich schweißtreibend. Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Spaß! :) Schneller als gedacht hatte ich den Dreh raus und konnte mir die meisten Schritte merken. Der Höhepunkt folgte dann im Finale des Tages: Alle Kinder und Jugendlichen setzten sich im Kreis auf die Wiese vor dem Haus, sangen gemeinsam und feuerten die beiden Tänzer an, die abwechselnd in die Mitte des Kreises traten und vortanzten.
Es hat mich sehr beeindruckt zu sehen, wie wenig Scheu auch schüchterne Kinder hatten. Sie tanzen in der Mitte, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan und hatten sichtlich Spaß daran. Spaß - Spaß und Freude, etwas, das ihnen durch die Mitarbeiter im Projekt jeden Tag gegeben wird. Die Begeisterung, mit der die 6- bis 10-Jährigen basteln, malen und spielen, ist ein Grund, warum ich gerne in mein Projekt gehe - es macht auch mir Spaß, das zu sehen, mich von der Freude der Kinder anstecken zu lassen oder sie mit meiner Freude anzustecken.
Dazu passt ein Spruch, den Laura und ich heute in einem Anflug von Kreativität an unsere Zimmertür geschrieben haben:

Der Mensch ist für die Freude
und die Freude ist für den Menschen.

Das ist wohl der Grund, warum ich dieses Jahr hier mache: Die Freude - auf beiden Seiten.

Samstag, 22. August 2009

Die Projekte

Die erste Woche in Florencio Varela haben wir damit verbracht, jeden Tag eins der vier Hauptprojekte der Fundación Angelelli kennenzulernen.

Da Montag Feiertag war, ging es Dienstag für Laura und mich in St. Inés los.
Das Centro liegt mitten im barrio (Armenviertel) und besteht aus einem Küchenhaus und einem Haupthaus, indem Apoyo Escolar (Nachhilfe), Artesania und andere Aktivitäten stattfinden.
Alles in einfachsten Verhältnissen, mit Häusern in Europa ist das nicht zu vergleichen.
Es gibt meist keine tapezierten Wänder und oft keine oder nur ein Fenster.
Wir kamen kurz vor der Merienda (Essensausgabe) und halfen, Tortas Fritas zuzubereiten.
Dabei handelt es sich um frittierten Kuchenteig in Kreisform. Wir haben Kugeln geformt, ausgerollt und frittiert. Um 4 kamen dann die Kinder und erhielten jeweils eine Torta und einen Becher leche con chocolate. Alles sehr süß und kalorienhaltig, was darin liegt, dass die Kinder so etwas zu Hause oder in der Schule nicht bekommen und es sie relativ satt macht.

Mittwoch waren wir zu viert (Laura, Anna, Lisa (die anderen Freiwilligen)) und ich im centro Villa Argentina, wo wir ebenfalls bei der Merienda geholfen haben.
Es gab selbsgebackene Medialunas (Croissants), die wir dann an die Kinder verteilt haben.
Alle Kinder, die regelmäßig zur Merienda kommen, werden notiert mit der entsprechenden Anzahl der Geschwister. Daraus ergibt sich, wie viele Teilchen die Kinder mit nach Hause nehmen dürfen. Auch hier gab es dazu wieder ein Heißgetränk, was eine Mitarbeiterin den Kindern in mitgebrachte Flaschen füllte.
Wir haben uns mit den Mitarbeitern unterhalten, mit den Kindern gespielt, der Köchin beim Zubereiten des Abendessens geholfen und schließlich mit allen zusammen gegessen. Es gab Nudeln mit Fleisch und Kartoffeln, alles in einem großen Topf zusammengemischt. Ich habe noch nie zuvor Nudeln mit Kartoffeln gegessen!

Donnerstag waren Laura und ich im centro Tres de Mayo. Das war ein sehr langer Tag: 10 Stunden haben wir dort verbracht...
Zuerst haben wir für die Merienda Kuchen gebacken, den später ausgeteilt, mit den Kindern gespielt, uns mit den Jugendlichen unterhalten und Mate getrunken.

Mate- das Nationalgetränk der Argentinier. In einem Matebecher wird Yerba eingefüllt (eine Art Kräutermischung - koffeinhaltig!), dann mit Wasser aus der Thermokanne übergossen und aus einem metallenen Strohhalm getrunken, bis das Wasser weg ist. Dann wird neues Wasser eingeschüttet und an den nächsten weitergereicht. Ein sehr geselliges Getränk.

Freitag waren wir wieder zu viert in Bosques, dem Centro, das ein bisschen außerhalb liegt.
Dort hat es mir am besten gefallen. Wir haben geholfen, die Merienda auszuteilen, dann mit den Kindern gebastelt und uns später noch mit den Jugendlichen unterhalten.
Das Centro besteht aus zwei Häusern: in einem Gebäude befindet sich die Küche sowie der Aufenthalts-und Essraum für die Kleinen, das andere Gebäude ist für die Jugendlichen.

Montag hat sich dann entschieden, wo wir arbeiten und ich freue mich sehr darüber, dass es für mich Bosques sein wird, weil mir die Athmosphäre, die Mitarbeiter und Kinder dort am besten gefallen haben.
Jetzt habe ich schon meinen dritten Arbeitstag dort hinter mir und es gefällt mir wirklich sehr gut!
Ich komme jeden Tag um 2 dort an und helfe erstmal bis 5 in der Küche beim Zubereiten der Merienda und des Abendessens. Gestern habe ich einen Riesenberg Fleisch zurecht geschnitten, heute Unmengen von Kartoffeln geschält. Meine Fingernägel danken es mir..;)
Um 5 helfe ich dann, die Merienda an die Kinder auszuteilen. Von 6 bis 7 basteln wir mit den Kindern, danach beschäftige ich mich mit den Jugendlichen, mache bei tallers (Angeboten) mit und werde in ein paar Monaten auch einen eigenen taller anbieten. Ich denke da an einen Theaterworkshop oder Ähnliches.
Außerdem gibt es im Centro auch Apoyo Escolar (Nachhilfe), bei der ich auch einige Kinder übernehmen werde.
Das gleiche mache ich Donnerstagsmorgen von 9 bis 11 in einem anderen Centro im Barrio. Donnerstags ist mein langer Tag: Von 9 bis 11 in San Cayetano und danach wieder von 1 bis 9 in Bosques..me alegro! ;)
Die letzte Woche hat mir vor Augen geführt, was diese Centren für die Kinder leisten.
Die meisten von ihnen kriegen zu Hause nicht ausreichend Essen um satt zu werden, was zum Beispiel auch daran liegt, dass Familien mit 10 Kindern keine Seltenheit sind. Die meisten Väter sind arbeitslos, die Mütter kümmern sich um die Kinder. Viel Bildungsarbeit wird dort nicht geleistet, auch das Kind-Sein kommt oft zu kurz, weil sich schon kleine Kinder um ihre noch jüngeren Geschwister kümmern müssen.
Die Centren geben den Kindern einen Raum um ihre Kreativität auszuleben, ihre Probleme z.B. im taller de reflexion zu besprechen, sie leisten Bildungsarbeit, z.B. im taller für junge Mütter oder durch die Nachhilfe, sie versorgen die Kinder mit Essen und Zuwendung.
Auch wenn ich im Moment nur hier und da helfe und noch nichts eigenes mache, freue ich mich darüber, jetzt für ein Jahr lang teil dieser Organisation zu sein. Ich verstehe mich jetzt schon mit vielen Kindern und Jugendlichen gut und bin gespannt, wie sich unser Verhältnis entwickelt.
Ich merke, dass ich jeden Tag etwas mehr spanisch/castellano verstehe und mich auch Schritt für Schritt besser ausdrücken kann, aber es ist noch schwierig, besonders, weil die Kinder und die Jugendlichen so schnell und undeutlich sprechen.

Mein erster Monat ist heute vorbei und ich muss sagen, dass ich so viel Neues erlebt habe wie nie zuvor. Viele Dinge sind interessant, viele schrecklich, viele beängstigend, viele schön und viele einfach neu.
Auch Heimweh hat mich schon manchmal eingeholt. Diese völlig andere Welt, in der ich nun arbeite, macht mir teilweise zu schaffen und ich vermisse Deutschland und meine Familie und Freunde.
Seit den letzten zwei Tagen im Projekt, die mir sehr gut gefallen haben, bin ich aber viel optimistischer und freue mich auf das Jahr. Trotzdem merke ich immer wieder, was für ein Glück ich habe, in Deutschland aufgewachsen zu sein und freue mich wieder auf viele Dinge, die in Deutschland selbstverständlich sind.
Wir haben zum Beispiel seit Sonntag kein warmes Wasser mehr, weil der Schlauch am Waschbecken gerissen ist und wir es deshalb abdrehen mussten. Wenn wir Glück haben, kommt morgen der Handwerker, so genau weiß man das hier aber nie...

Ich lebe mich langsam ein und arbeite viel, mache Sport (!), koche, lese, schreibe Mails, gehe einkaufen und fahre am Wochenende nach Palermo, Pia und die anderen besuchen.

Asi es mi vida ahora!

Unsere Wohnung

Vor einer Woche sind Laura und ich in unsere neue Wohnung eingezogen!
Und ich bin jetzt schon ganz verliebt....fühle mich schon wie zu Hause :)
Wenn man zur Tür reinkommt, befindet man sich in der Küche, die gleichzeitig Esszimmer und Aufenthaltsraum ist und in einer Telefonnische endet.
Außerdem gibt es noch unser Schlafzimmer, ein kleines Bad und einen Minibalkon.
Seitdem wir uns einen Ofen für die Steckdose gelauft haben, frieren wir auch trotz der zugigen Fenster nicht mehr so sehr.
Neben meinem Bett habe ich schon Fotos aufgehangen, so dass das Zimmer schon eine persönliche Note hat und ich meine Freunde und Familie wenigstens auf Bildern bei mir habe :)
Dank Lauras Lust am Malen und an Farben haben wir den Türrahmen unserer Schlafzimmertür mit bunten Handabdrücken aus Acrylfarbe verschönert und individualisiert!
Die kleine Küche lädt zum Kochen ein, was wir auch schon des öfteren gemacht haben.
Soviel dazu!

Dienstag, 11. August 2009

Der argentinische "machismo"

Dass lateinamerikanische Männer Machos sind (ähnlich wie Spanier und Italiener), das weiß schon jedes Kind. Schade eigentlich, dass sich dieses Klischee komplett bestätigt!
Was zeichnet den argentinischen Macho aus? Nun, er kann jeden Alters angehören, sein Aussehen reicht auch über alle Facetten- sie gleichen sich nur im Verhalten.
Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: Gestern stehe ich mit vielen anderen Freiwilligen im Bus im Barrio, wir kommen gerade vom Besuch eines Projektes. Der Bus ist sehr voll, deswegen stehen alle dicht an dicht. Direkt mir gegenüber, sehr nah an mir, steht ein Mann, der sicher schon ca. 40 war, und sagt plötzlich: "Oooh, que linda sos...how beautiful..." und zwinkert, was bei dieser Nähe wirklich etwas unangenehm und peinlich war.
Das ist aber natürlich noch harmlos, Sprüche klopfen macht hier fast jeder Mann.
Dreister sind manche jungen Argentinier in der boliche (Disco): Da kommt es schon mal vor, dass einer vorbeikommt und dich ohne ein Wort einfach in den Nacken oder sogar auf den Mund küsst. Dreist!
Aber auch nicht so verwunderlich, weil sie schon von Kindesbeinen lernen, dass der Mann mehr wert ist als die Frau und der Herr im Haus und über Frau und Kinder...
Ich will nicht behaupten, dass das für alle gilt, denn sicher gibt es auch Haushalte, in denen die Erziehung mehr der unseren gleicht, aber es ist doch auffällig, wie sehr die Männer die Frauen hier zu Lustobjekten hinabdegradieren.
Trotz allem kann man den meisten Männern in der Disco schon klarmachen, wenn man nicht interessiert ist und das wird dann auch meistens respektiert, also keine Panik :)
Agressiv ist bisher noch keiner geworden, an sich sind die meisten nämlich hinter der rauen oder schleimigen Machoschale doch ganz nett.
Dass die Argentinier die schönsten Menschen der Welt sind, kann ich nicht bestätigen.
Es gibt viele hübsche Mädels, die Jungen/Männer finde ich (und da sind die meisten deutschen Mädels meiner Meinung) nicht sehr attraktiv.
Genug für heute,
Gute Nacht!

Busfahren à la Argentina!

Busfahren in Argentinien ist ein Abenteuer. Porqué?
Es beginnt mit der Suche nach der Haltestelle. Diese besteht nämlich nur aus einem kleinen Pfahl, auf dem vielleicht, wenn man Glück hat, irgendwo oben auf einem winzigen Schild eine oder zwei Zahlen versteckt sind - die Buslininen, die dort halten. Namen haben die Haltestellen nicht, was es deutlich erschwert, dein Ziel zu finden und du dich darauf verlassen musst, dass der Busfahrer dir an deinem Ziel Bescheid gibt, auszusteigen.
Ob die Busse halten oder nicht, das entscheidet dein Körpereinsatz. Kräftig winken oder nachts sogar mitten auf die Straße stellen und dein Leben riskieren, damit der Bus anhält - das musst du schon in Kauf nehmen.
Busfahrpläne existieren hier nicht. Die Busse kommen, wann sie kommen, aber das ist in Deutschland ja auch nicht so sehr anders.
Weiter gehts im Inneren: Die Argentinier sagen dem Busfahrer einen Betrag (meistens 1,10 oder 1,25), den sie dann in den Automaten im Bus werfen, und so ihr Ticket erhalten. Die Länge der Fahrt entscheidet, ob du 1,10 Pesos oder 1,25 bezahlst. Unglaublich günstig für unsere Verhältnisse: Für 1,25 Pesos (ca.25 Cent) kannst du über eine Stunde Bus fahren!
Generell fahren Busse und Züge häufig mit geöffneten Türen, die Busfahrer fahren los, sobald der Bus voll ist, auch wenn die Türen noch geöffnet und die Leute gerade erst auf der ersten Stufe stehen.
Im Straßenverkehr mischen die Busse auch ordentlich mit. Aus einer eigentlich 2-spurigen Straße wird schnell eine 4-spurige, denn die Autos (und auch die Busse!) schlängeln sich munter ihren Weg durch den Verkehrsjungel (auch beruhigend, dass trotz diesem Fahrstil in Taxis oft keine Anschnallgurte sind!!).
Ein Wunder, dass ich trotz allem bisher immer an meinem Ziel angekommen bin!
Weiter so :)

Donnerstag, 6. August 2009

Castellano - das argentinische Spanisch

Hola mis amigos,

"Me schamo Laura", so wird hier das sonst übliche spanisch-spanische "Me llamo Laura" ausgesprochen, ein Umstand, an den man sich erst mal gewöhnen muss! Hinzu kommt, dass auch "ll" und teilweise "y" wie "sch" ausgesprochen werden, das heißt, statt "ella" (wie eja) und "calle" (wie caje), sagt man hier "escha" und "casche". Es ist so komisch, wenn man vorher "normales spanisch", also espanol gelernt hat und hier mit dem castellano (ausgesprochen dementsprechend "casteschano") konfrontiert wird!
Eine ganz nette grammatische Erleichterung besteht darin, dass es die 2. Person Plural hier nicht gibt bzw. sie nicht benutzt wird. Statt "vosotros" und "ellos/ellas" sagen die Argentinier "ustedes", wobei "ellos/ellas" auch benutzt wird, aber beides mit den Verbformen der 3. Person Plural.
Heißt im Klartext: Man muss eine Verbform weniger lernen, praktisch :)
Noch einmal zur Verdeutlichung: Statt vosotros trabajais und ellos trabajan hier einfach für beides: ustedes trabajan. Ich hoffe, dass ich nach dem Jahr einen schönen argentinischen Akzent haben werde!
Anstelle von "tu" (du) sagen die Menschen hier "vos", was eigentlich sehr höflich ist, im Kontrast dazu duzt man sich eigentlich überall, auch wenn man sich nicht kennt. Eben ein Land voller Kontraste ;)
Soviel zur Sprache, später mehr zum argentinischen "machismo"!
Laura

Samstag, 1. August 2009

Un visto a Buenos Aires - meine erste Woche

Meine erste Woche in Buenos Aires ist fast vorbei und es wird Zeit, euch davon zu berichten.
Zuallererst: Ich finde, es ist alles irgendwie anders. Zum einen ist es eiskalt, was mir nach dem Sommer in Deutschland noch sehr schwer fällt. Egal, wie dick ich mich anziehe, ich friere trotzdem..
Aber ich fange von vorne an:
Sonntagmorgen bin ich von Frankfurt nach Buenos Aires geflogen. Der Flug war trotz seiner Dauer von immerhin 13 Stunden recht angenehm und die Zeit wurde durch 2 hotmeals, vielen Getränken und 3 Kinofilmen versüßt. Dann endlich der Höhepunkt des Tages: Die Landung in Buenos Aires - eine Glitzerstadt, die im Dunkeln von oben betrachtet wie lauter Goldtupfer oder wie die Coca-Cola-Weihnachtsstadt aussieht. Es war total beeindruckend auch wegen der Größe der Stadt - wir sind ca. eine halbe Stunde drüber geflogen!
Angekommen im I.S.E.D.E.T, der theologischen Fakultät, war die Erschöpfung dann doch groß und ich war im ersten Moment schon ein klein wenig entsetzt, weil man die Einrichtung hier, die für hiesige Verhältnisse auf jeden Fall noch relativ komfortabel ist, mit europäischen Standards doch nicht zu vergleichen ist. Die Küche ist sehr einfach, nicht die sauberste und es fehlt so viel Geschirr und Besteck, dass wir Joghurt und Müsli aus Tassen und mit Gabeln essen etc.
Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt und wir können auf jeden Fall sehr froh sein, dass wir hier im I.S.E.D.E.T. wohnen dürfen, total zentral und mit netten Studenten.
Die erste Woche ist wie im Flug vergangen:
Montag Kennenlernspiele , Einstufungstest Spanisch und Vortrag über die Geschichte des Cono Sur.
Dienstag Spanischkurs und Besuch in Florencio Varela, dem barrio, in dem in 2 Wochen wohnen und arbeiten werde. Für mich war es das erste Mal, dass ich mit einer solchen Armut konfrontiert wurde. Es gibt außerhalb des Zentrums dieser Provinz, in dem ich leben werde, keine asphaltierten Straßen, nur schlammige Wege, an deren Seiten die Kloake entlangläuft. Die meisten Häuser sind Wellblechhütten, manche sind aus ein paar Steinen zusammengezimmert. Überall liegt Müll, der jeden Tag verbrannt wird, was schwarze Rußwolken zur Folge hat, die über den sonst meist blauen Himmel ziehen. Es gibt fast so viele Hunde wie Kinder und es riecht meist unangenehm. Trotz allem war der Besuch nicht nur deprimierend, sondern der Besuch der sozialen Projekte hat gezeigt, wie die Menschen, die dort leben, versuchen, mit ihrer Situtation umzugehen bzw. sie zu verbessern. Wir haben in der casa abierta, der Zentralstelle der Fundacion Angelelli eine Powerpointpräsentation (!) gesehen, in der die 4 verschiedenen Projekte der Fundacion vorgestellt wurden. In welchem der 4 ich bald arbeiten werde, entscheidet sich nach der ersten "Schnupperwoche", in der wir 4 Mädels uns alle Projekte angucken werden. Sie beginnt am 16. August, wenn wir hier ausziehen und in Florencio Varela ein.
Mittwoch wieder Sprachkurs und nachmittags frei - wir können uns immer für verschiedene Angebote wie murga (argentinischer Trommeltanz) oder artesania (Bänderknüpfen etc.) in Listen eintragen, uns aber auch Tage freinehmen, um diese anderweitig zu nutzen. Mittwochnachmittag bin ich also mit Pia, einer neuen Freundin aus Münster, die in Palermo (einem Stadtteil ziemlich im centro) leben wird, Anna, die auch nach Varela geht und Laura, meiner Mitbewohnerin, mit der subte (U-Bahn) ins centro zum Plaza de Mayo gefahren und wir haben die erste Gelgenheit zum sight-seeing genutzt. Plaza de Mayo, Casa Rosada, der Obelisk, Puerto Madera, die Florida (größte Einkaufsstraße) ...Für mich ist das centro von Buenos Aires, also Capital, wie eine Mischung aus Madrid, Paris, Barcelona und London - schön und spannend. Kommt man jedoch ins barrio etwas außerhalb ändert sich diese Kulisse so komplett, dass man niemals glauben kann, sich nur 60 km von Capital zu befinden.
Donnerstag Besuch ind der deutschen Botschaft (sehr interessant - Vorträge zu den einzelnen Referaten und den Beruf des Diplomaten!) und nachmittags shoppen in der Florida. Pia und ich haben uns die hier typischen Fließjacken für 60 pesos (ca. 12 Euro) gekauft und uns somit modisch schon mal integriert ;)
Freitag nach dem Sprachkurs war ich wieder in Florencio Varela, um mit unserer Chefin zu sprechen und die Wohnung anzugucken. Laura, Lisa, Anna und ich haben uns also um 2 auf den Weg gemacht und waren um halb 5 endlich da - Busfahren ist hier schon abenteuerlich, besonders, weil die Halstellen keine Namen haben und du dich durchfragen und auf den Busfahrer verlassen musst.
Es war eiskalt den ganzen Tag und wir haben alle bitterlich gefroren trotz langer Unterhosen, 3 Pullis, Mütze, Schal...Zusammen mit unseren Vorgängern Simone und Dominik, die uns von der Haltestelle abgeholt haben, sind wir zur merienda (Essensausgabe) in eins der 4 Projekte gefahren und haben dort den Kindern beim murga zugeguckt. Ihr könnt euch diese Kulisse gar nicht vorstellen, ich werde demnächst mal Fotos hochladen aber trotzdem müsst ihr mich besuchen, um das wirklich zu verstehen.
Das centro besteht aus einem Haus, das ein einziger dunkler Raum mit einem Fenster ist, in dessen Mitte ein Tisch und ein paar Bänke stehen und abgetrennt 2 Klokabinen, in denen man mit Wasser aus dem Eimer spült und das Klopapier nicht in die Schüssel werfen darf.
Es zieht total und ist sehr dunkel, auch weil es im Moment um kurz nach 6 schon dunkel wird, wir haben hier schließlich Winter - leider!
Danach sind wir mit unserer Chefin Karina in die casa abierta gegangen um uns dort mit ihr zu unterhalten und über die ersten Wochen aufgeklärt zu werden. Erfreulicherweise habe ich fast alles von dem, was sie gesagt hat, verstanden, was mich sehr erleichtert hat.
Überhaupt wird mein Spanisch mit jedem Tag ein bisschen besser, weil man es ständig hört liest und auch selbst ein wenig spricht.
Abends waren wir dann im centro von Varela in unserer Wohnung, die total süß ist und sehr gemütlich eingerichtet! Von außen sieht das Haus nicht sehr einladend aus, aber dafür von innen umsomehr, ich glaube, dass ich mich in unserer neuen Wohnung sehr wohl fühlen werde!
Sie hat eine kleine Kochecke, direkt wenn man reinkommt, einen Esstisch mit 2 Stühlen, eine Telefonecke mit Matratze, ein Schlafzimmer, das Laura und ich uns teilen werden und ein kleines Bad. Besonders über das Telefon mit supergünstigen Tarifen nach Deutschland freue ich mich sehr :) Schließlich waren wir im Pizza libre in Varela essen - all you can eat für 15 pesos (3 Euro!!) und haben uns ein bisschen aufgewärmt und den Hunger gestillt. Die Rückfahrt, die auch ca. 2 Stunden gedauert hat, wurde genutzt um ein bisschen zu schlafen bevor wir dann feiern gegangen sind.
Um 1 waren wir schließlich in der Uni und um 3 standen wir, eine Großgruppe von ca.20-25 Leuten vor einer riesigen Disco in einer langen Schlange in der Kälte...Das Obskure ist, dass es in der Disco selber genauso kalt war wie draufen und wir trotz Pulli und Tanzen die ganze Nacht lang gefroren haben...was uns nicht davon abgehalten hat, bis 7 Uhr morgens zu bleiben und dann erst mit dem Taxi eine halbe Stunde für 30 pesos (6 euro!) zum I.S.E.D.E.T. zurückzufahren.
Heute haben wir dann erstmal wenigstens ein bisschen ausgeschlafen, weil um 2 eine Stadtrundfahrt mit dem Bus angeboten wurde, die ich nicht verpassen wollte! Die Fotos davon werde ich bald wahrscheinlich bei studi hochladen, sehr beeindruckend :) Leider war es so kalt, dass es oben auf dem Bus fast nicht auszuhalten war...
Jetzt sind wir alle zurück und sitzen wie jeden Abend im Gemeinschaftsraum, kochen und essen in Kleingruppen, chatten, skypen, schreiben blog und reden.
Morgen wird hoffentlich ein entspannter Tag - nach der anstrengend Woche wäre ein bisschen Ruhe nicht schlecht.
Ich fühle mich sehr wohl hier, jeden Tag fühle ich mich der Stadt mehr zugehörig, es ist nicht mehr alles so fremd, obwohl man trotzdem jeden Tag von neuem von irgendetwas überrascht wird, ich kenne mich schon ein bisschen aus, verstehe die Leute besser und besser und kann mich an den Gedanken, ein ganzes Jahr hier zu verbringen, immer mehr gewöhnen.
Ich bin sehr gespannt auf die erste Zeit in Varela nach dem Seminar hier, die sicherlich noch eine große Umstellung darstellen wird. Ich freue mich..auch über Nachrichten von euch!
Ich grüße euch, alles Liebe,
eure Laura