Samstag, 22. August 2009

Die Projekte

Die erste Woche in Florencio Varela haben wir damit verbracht, jeden Tag eins der vier Hauptprojekte der Fundación Angelelli kennenzulernen.

Da Montag Feiertag war, ging es Dienstag für Laura und mich in St. Inés los.
Das Centro liegt mitten im barrio (Armenviertel) und besteht aus einem Küchenhaus und einem Haupthaus, indem Apoyo Escolar (Nachhilfe), Artesania und andere Aktivitäten stattfinden.
Alles in einfachsten Verhältnissen, mit Häusern in Europa ist das nicht zu vergleichen.
Es gibt meist keine tapezierten Wänder und oft keine oder nur ein Fenster.
Wir kamen kurz vor der Merienda (Essensausgabe) und halfen, Tortas Fritas zuzubereiten.
Dabei handelt es sich um frittierten Kuchenteig in Kreisform. Wir haben Kugeln geformt, ausgerollt und frittiert. Um 4 kamen dann die Kinder und erhielten jeweils eine Torta und einen Becher leche con chocolate. Alles sehr süß und kalorienhaltig, was darin liegt, dass die Kinder so etwas zu Hause oder in der Schule nicht bekommen und es sie relativ satt macht.

Mittwoch waren wir zu viert (Laura, Anna, Lisa (die anderen Freiwilligen)) und ich im centro Villa Argentina, wo wir ebenfalls bei der Merienda geholfen haben.
Es gab selbsgebackene Medialunas (Croissants), die wir dann an die Kinder verteilt haben.
Alle Kinder, die regelmäßig zur Merienda kommen, werden notiert mit der entsprechenden Anzahl der Geschwister. Daraus ergibt sich, wie viele Teilchen die Kinder mit nach Hause nehmen dürfen. Auch hier gab es dazu wieder ein Heißgetränk, was eine Mitarbeiterin den Kindern in mitgebrachte Flaschen füllte.
Wir haben uns mit den Mitarbeitern unterhalten, mit den Kindern gespielt, der Köchin beim Zubereiten des Abendessens geholfen und schließlich mit allen zusammen gegessen. Es gab Nudeln mit Fleisch und Kartoffeln, alles in einem großen Topf zusammengemischt. Ich habe noch nie zuvor Nudeln mit Kartoffeln gegessen!

Donnerstag waren Laura und ich im centro Tres de Mayo. Das war ein sehr langer Tag: 10 Stunden haben wir dort verbracht...
Zuerst haben wir für die Merienda Kuchen gebacken, den später ausgeteilt, mit den Kindern gespielt, uns mit den Jugendlichen unterhalten und Mate getrunken.

Mate- das Nationalgetränk der Argentinier. In einem Matebecher wird Yerba eingefüllt (eine Art Kräutermischung - koffeinhaltig!), dann mit Wasser aus der Thermokanne übergossen und aus einem metallenen Strohhalm getrunken, bis das Wasser weg ist. Dann wird neues Wasser eingeschüttet und an den nächsten weitergereicht. Ein sehr geselliges Getränk.

Freitag waren wir wieder zu viert in Bosques, dem Centro, das ein bisschen außerhalb liegt.
Dort hat es mir am besten gefallen. Wir haben geholfen, die Merienda auszuteilen, dann mit den Kindern gebastelt und uns später noch mit den Jugendlichen unterhalten.
Das Centro besteht aus zwei Häusern: in einem Gebäude befindet sich die Küche sowie der Aufenthalts-und Essraum für die Kleinen, das andere Gebäude ist für die Jugendlichen.

Montag hat sich dann entschieden, wo wir arbeiten und ich freue mich sehr darüber, dass es für mich Bosques sein wird, weil mir die Athmosphäre, die Mitarbeiter und Kinder dort am besten gefallen haben.
Jetzt habe ich schon meinen dritten Arbeitstag dort hinter mir und es gefällt mir wirklich sehr gut!
Ich komme jeden Tag um 2 dort an und helfe erstmal bis 5 in der Küche beim Zubereiten der Merienda und des Abendessens. Gestern habe ich einen Riesenberg Fleisch zurecht geschnitten, heute Unmengen von Kartoffeln geschält. Meine Fingernägel danken es mir..;)
Um 5 helfe ich dann, die Merienda an die Kinder auszuteilen. Von 6 bis 7 basteln wir mit den Kindern, danach beschäftige ich mich mit den Jugendlichen, mache bei tallers (Angeboten) mit und werde in ein paar Monaten auch einen eigenen taller anbieten. Ich denke da an einen Theaterworkshop oder Ähnliches.
Außerdem gibt es im Centro auch Apoyo Escolar (Nachhilfe), bei der ich auch einige Kinder übernehmen werde.
Das gleiche mache ich Donnerstagsmorgen von 9 bis 11 in einem anderen Centro im Barrio. Donnerstags ist mein langer Tag: Von 9 bis 11 in San Cayetano und danach wieder von 1 bis 9 in Bosques..me alegro! ;)
Die letzte Woche hat mir vor Augen geführt, was diese Centren für die Kinder leisten.
Die meisten von ihnen kriegen zu Hause nicht ausreichend Essen um satt zu werden, was zum Beispiel auch daran liegt, dass Familien mit 10 Kindern keine Seltenheit sind. Die meisten Väter sind arbeitslos, die Mütter kümmern sich um die Kinder. Viel Bildungsarbeit wird dort nicht geleistet, auch das Kind-Sein kommt oft zu kurz, weil sich schon kleine Kinder um ihre noch jüngeren Geschwister kümmern müssen.
Die Centren geben den Kindern einen Raum um ihre Kreativität auszuleben, ihre Probleme z.B. im taller de reflexion zu besprechen, sie leisten Bildungsarbeit, z.B. im taller für junge Mütter oder durch die Nachhilfe, sie versorgen die Kinder mit Essen und Zuwendung.
Auch wenn ich im Moment nur hier und da helfe und noch nichts eigenes mache, freue ich mich darüber, jetzt für ein Jahr lang teil dieser Organisation zu sein. Ich verstehe mich jetzt schon mit vielen Kindern und Jugendlichen gut und bin gespannt, wie sich unser Verhältnis entwickelt.
Ich merke, dass ich jeden Tag etwas mehr spanisch/castellano verstehe und mich auch Schritt für Schritt besser ausdrücken kann, aber es ist noch schwierig, besonders, weil die Kinder und die Jugendlichen so schnell und undeutlich sprechen.

Mein erster Monat ist heute vorbei und ich muss sagen, dass ich so viel Neues erlebt habe wie nie zuvor. Viele Dinge sind interessant, viele schrecklich, viele beängstigend, viele schön und viele einfach neu.
Auch Heimweh hat mich schon manchmal eingeholt. Diese völlig andere Welt, in der ich nun arbeite, macht mir teilweise zu schaffen und ich vermisse Deutschland und meine Familie und Freunde.
Seit den letzten zwei Tagen im Projekt, die mir sehr gut gefallen haben, bin ich aber viel optimistischer und freue mich auf das Jahr. Trotzdem merke ich immer wieder, was für ein Glück ich habe, in Deutschland aufgewachsen zu sein und freue mich wieder auf viele Dinge, die in Deutschland selbstverständlich sind.
Wir haben zum Beispiel seit Sonntag kein warmes Wasser mehr, weil der Schlauch am Waschbecken gerissen ist und wir es deshalb abdrehen mussten. Wenn wir Glück haben, kommt morgen der Handwerker, so genau weiß man das hier aber nie...

Ich lebe mich langsam ein und arbeite viel, mache Sport (!), koche, lese, schreibe Mails, gehe einkaufen und fahre am Wochenende nach Palermo, Pia und die anderen besuchen.

Asi es mi vida ahora!

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